Der Tag danach – nofkabu

Der Tag danach

Veröffentlicht von Norbert Tuschen am

Die Nacht der Museen war kürzer als gedacht.

Eine unerfreuliche Sache konnten die vom NRW-Forum in Düsseldorf ausgesandten Fotoblogger nämlich hautnah miterleben: Das deutsche Urheberrecht und vor allem die Verwertungsgesellschaften sind ein Anachronismus, über den sachlich und zeitgemäß diskutiert werden muss.

Bei einer solchen Werbeveranstaltung in Museen Fotografierverbote aufrecht zu erhalten, ist aus meiner Sicht einfach nur schlechtes Marketing, das nicht mehr in die heutige Zeit passt. Wir leben in einem Informationszeitalter, das sollten Künstler, Museen und Verwertungsgesellschaften dringend realisieren.

Warum man sich als Veranstalter des Fotoblogging-Events nicht vor der Veranstaltung mit der rechtlichen Situation befasst, ist mir allerdings auch schleierhaft.

Kann man nicht mit den Museen und Verwertungsgesellschaften sprechen und den Fotobloggern kommunizieren, wo man sie als Multiplikator willkommen heißt? Man kann in Zeiten der Diskussion bestehende Regeln nicht einfach ignorieren, sondern muss klar und sachlich aufzeigen, wo Änderungsbedarf besteht.

Statt über das Teilen von Bildern mehr Menschen für die Kunst zu begeistern, schottet man sich im Elfenbeinturm der etablierten Kunstszene ab. Wann werden es die Verantwortlichen begreifen, das Kunst zum Betrachten und Interpretieren gemacht wurde? Interpretation heißt auch, den Blickwinkel des Betrachters zu akzeptieren und über dessen Näherung auch andere zu bewegen, sich mit dem Exponat zu beschäftigen.

Alle Künstler, die ich kenne, sind froh, wenn man sich mit ihren Werken befasst. Auch wenn man sich kontrovers damit befasst. Und wenn man mehr Menschen dazu bewegen kann. Oft wird reklamiert, das zu wenig Menschen Kunst kaufen. Blödsinn. Viel zu wenig Menschen können Kunst wahrnehmen. Weil zu wenig Atmosphäre transportiert wird und man sie in gut klimatisierten, unnahbaren Gebäuden versteckt.

Man verliert keine Museumsbesucher, wenn man Bilder zulässt. Man gewinnt welche hinzu, denn ein Gemälde oder eine Skulptur wirkt direkt betrachtet immer anders. Also kann ein Bild davon nur ein Lockmittel sein.

Events wie das für gestern geplante Live-Blogging ist nichts anderes als „Pressearbeit 2.0“. Der hochglänzende Ausstellungskatalog ist bestimmt immer noch wichtig, auch die klassische Pressearbeit im Printbereich. Aber in Zeiten von Smartphone und „Internet in the pocket“ ändert sich der Verbreitungsweg für Informationen rapide. Wer gestern gesehen hat, wie viele Menschen vor dem NRW-Forum standen und die Berichte an den Leinwänden aufgesogen haben, wird den Stellenwert solcher ad-hoc Informationen verstehen.

Das Wahrgenommene führt mich zu dem Schluss, dass Verwertungsgesellschaften und Rechteinhaber eher eine Abschottung der bestehenden Kunstszene betreiben.

Also heißt für mich die Konsequenz: Ich bleibe dort weg. Und gehe dorthin, wo man den Betrachter einlädt, das Gesehene zu verbreiten um andere einzuladen.

Nennen wir es „Kunstfreundschaft 2.0“


4 Kommentare

nicolas · 1. Mai 2012 um 12:06

Gibt aber sicher für jedes Werk einen einigermassen normalisierten Vertrag, wäre also ein kleines dort noch einen entsprechenden Satz einzufügen. Muss man sich aber sicher am Anfang überlegen.

Norbert Tuschen · 30. April 2012 um 07:01

Als Ergänzung gerade über eine Facebook-Timeline gefunden:
Quelle: http://www.labkultur.tv/blog/harald-welzer-subvention-hemmt-innovation

„Ich glaube, das ist produziert. Ich hatte im Vortrag ja auf den gescheiterten Strukturwandel hingewiesen und eigentlich, wenn man es zynisch formuliert, passiert ja hier in der Region etwas ähnliches, das auch gelegentlich mit Hartz IV-Familien passiert: dass man Subventionen für einen normalen Lebenszustand hält. Der setzt aber nicht Kreativität und die Suche nach einer Neuerfindung seiner selbst frei, sondern nur den Wunsch, sich in Verhältnissen einzurichten, die von woanders her bereit gestellt werden. Subvention in diesem großen Stil ist eigentlich Verhinderung von Innovation.“

Ich glaube, der letzte Satz passt nicht nur im Pott.

Norbert Tuschen · 30. April 2012 um 06:30

Man könnte solche Dinge durchaus in den Verträgen mit den Leihgebern regeln. Da es bei den Ausleihvereinbarungen um frei aushandelbare Verträge geht, ist das aus meiner Sicht kein wirkliches Problem.

Es müsste nur erst einmal in den Museen ein Interesse entstehen, Öffentlichkeitsarbeit abseits der klassischen Wege verstehen und nutzen zu wollen. Man kann nicht über über fehlende Besucher jammern und gleichzeitig neue Medien aussitzen.

Die Museen haben jetzt ja ein Jahr Zeit bis zur nächsten Nacht der Museen. Bin gespannt, ob man die Zeit nutzt.

Joern B. · 29. April 2012 um 20:43

Ich möchte darauf hinweisen, dass einer allgemeinen Fotografier-Erlaubnis nicht nur die Museen im Wege stehen. Es sind auch, vielleicht sogar vor allem die Leihgeber. In einer Sonderausstellung können das durchaus auch mal hunderte sein. Um das Fotografieren in einer solchen Ausstellung zu erlauben, müssten alle (!) einer Ablichtung ihrer Werke zustimmen. Ich kann mir nicht vorstellen, das das möglich ist.

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